In meinem Beitrag geht es um Queerfeindlichkeit, um Transfeindlichkeit, um körperliche und sexualisierte Gewalt, um Suizid und Krieg. Wenn Dir das zu viel ist, dann hör bitte die nächsten Minuten weg, wir müssen achstam sein und auch auf uns selbst achten. Nach einer kurzen Einleitung, geht es damit los. 

Hallo, mein Name ist Liz und ich bin nichtbinär. Das sage ich, weil wir in einer binären Gesellschaft leben und ich, wenn ich nicht permanent misgendert werden will und/oder als Frau gelabelt werden will, das immer und immer wieder sagen muss

Inhalt:

Eine der zentralen, wenn nicht die zentrale Forderungen, femnistischer Kämpfe lautet „My body my choice“ Und um die wird es jetzt auch gehen. 

My Body my choice wird von vielen Menschen mit dem Recht von Frauen, über ihren Körper zu bestimmen, assoziiert. Und das vor allem, wenn es um reproduktive Rechte geht und vielleicht auch noch darum, dass Frauen anziehen sollen können, was sie wollen. Und das ist in meinen Augen weder solidarisch noch genug wenn es um feministische Kämpfe geht.

My Body my choice muss generell und universal gelten. Bedingungslos. Wenn an grundlegende Forderungen Bedingungen geknüpft werden, sind diese Forderungen immer in Gefahr, eingeschränkt oder gar abgeschafft zu werden, es besteht immer eine Hierarchie zwischen denen, die bestimmen, wem die Rechte zustehen und denen, die ein Anrecht auf diese haben sollten. My body my choice muss ein grundlegendes und bedingungsloses Verständnis in feministischen Kontexten sein, ein universelles Verständnis. My body my choice ist nicht verhandelbar.

My body my choice darf nicht weiterhin eine Forderung sein, die weiße, oftmals heterosexuelle, abled endo cis Frauen einschließt und ihnen Zugang zu Körperautonomie sichern soll, während alle Menschen, die diese Ansprüche nicht erfüllen auf unterschiedlichen Ebenen eben kein Recht dazu erhalten, über ihren Körper selbst zu bestimmen.

In Deutschland wird an einem verfassungswidrigen Gesetz aus 1981 festgehalten und seine Novellierung ausgebremst, ein Gesetz, dass menschen dazu zuwingt, kostpielige und erniedrigende Gutachten über sich ergehen lassen zu müssen, wenn sie endlich offiziell mit ihrem Namen und ihrem Geschlecht leben wollen.

Mir und meinen trans* Geschwistern wird immer wieder gesagt, wir sollten uns in Geduld üben. Und während das gefordert wird, erleben wir, wie unsere Geschwister zu Beginn des Krieges in der Ukraine reihenweise Suizid begingen, weil sie genau wussten, was passiert, wenn sie von Soldaten aufgegriffen werden, weil ihr Pass und ihr Erscheinungsbild sie zwangsouten würde. Während wir erleben, wie im Iran eben nicht nur Frauen, sondern insbesondere auch queere Menschen auf die Straße gehen, weil sie für ihre Rechte eintreten. Wir erleben, wie, neben dem Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, der Zugang zu medizinischer Versorgung von trans* Personen in den USA in immer mehr Staaten faktisch abgeschafft wird und Politiker fordern, dass trans* Personen aus der Öffentlichkeit verschwinden sollen. Per Gesetz. 

Wir erleben, wie sich eine Schwester in Berlin selbst entzündet, Bilder von ihr aus dem Krankenhaus durch soziale Medien gehen und sie selbst im Tod immer wieder entmenschlicht wird und ihr Grab geschändet wird. Wir erleben, wie ein junger trans* Mann auf einem CSD totgeprügelt wird und transfeindliche Stimmen ihn Deadnamen und misgendern. Wir erleben, wie der Hass der gegen queere Menschen insgesamt, aber gegen trans* Personen im Besonderen, massiv zunimmt. Wir erleben, wie wir rechtlich faktisch keinen Zugang zu einer Namensanpassung haben, weil es nichtbinäre Menschen schlicht nicht gibt. Wie wir keine medizinische Versorgung erhalten, wie wir im Worst Case keinen Zugriff zu Schwangerschaftsabbrüchen haben, weil im Gesetz von Frauen, nicht von Schwangeren Menschen gesprochen wird. Wir erleben, wie geleugnet wird, dass queere Menschen und insbesondere trans* Personen Opfer der Nazis waren, was in Anbetracht der Tatsache, dass die Nazis DAS Forschungszentrum zu gendernonconforming Menschen samt aller Aufzeichnungen zerstört, also Mal wieder ein Teil unserer Geschischte aktiv ausgelöscht wurde. Wir erleben, wie Stimmung gegen uns gemacht wird, wie der alltägliche Hass zunimmt, wie wir unser Sein immer und immer wieder rechtfertigen müssen. Und ihr erdreistet euch, uns zu sagen, dass wir Geduld haben sollen? Wir haben keine Geschichte und wir haben erst Recht keine Zeit.

Wenn euer Feminismus nicht intersektional ist, dann könnt ihr nie Teil der Lösung sein, ihr werft nur Geschwister unter den Karren, in der Hoffnung, eure Position in einem tödlichen System zu stärken. Bis auch eure Rechte wieder eingeschränkt werden. 

Wenn ihr also das nächste Mal  „My body my choice“ skandiert, dann denkt an das Recht auf Körperautonomie aller ungewollt schwangeren Personen. Denkt daran, dass jeder Mensch anziehen können muss, was er möchte, ohne dafür Hass und Gewalt zu erleben. Denkt daran, dass FLINTA verdammt nochmal ein Akronym für Frauen, Lesben, Inter* nichtbinäre, trans* und agender Personen ist und kein Synonym für Frau. Sorgt dafür, dass Sexarbeitende nicht ausgeschlossen und entmündigt werden, sondern unterstützt sie in ihren Forderungen, Sexarbeit als Arbeit zu behandeln und Sexarbeit zu sicherer Arbeit zu machen. Hört auf die Stimmen mehrfach marginalisierter Menschen und tragt sie weiter. Hört auf, so zu tun, als ob eure Geschwister euch etwas wegnehmen wollen. 

Das Patriachat wird nicht durch neue Formen der Unterdrückung überwunden. Setzt euch für die Kämpfe eurer Geschwister ein, auch wenn sie euch nicht aktiv betreffen. Seid solidarisch. Buckelt nach oben und tretet nicht nach unten. 

#FightTheCistem